Bericht der Presse Mai 2017 - einfach zum Nachlesen wer es noch nicht kennt!

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    • Bericht der Presse Mai 2017 - einfach zum Nachlesen wer es noch nicht kennt!

      Krieau: Aus Ställen werden Hochhäuser
      Früher war es ein Niemandsland mit Trabrennbahn. Jetzt wird die Krieau vom Viertel Zwei eingeengt. Bis das nächste Bauprojekt startet, wird das Areal von Kreativen genutzt.
      Dem Trabrennverein ist das recht. Auf der einen Seite stehen schon die neuen, modernen Hochhäuser. Der OMV-Turm ist das markanteste Gebäude, die ersten Studenten sind in ihr neues Heim eingezogen und an jener Seite, die an den Grünen Prater angrenzt, werden gerade runde Wohnhäuser gebaut. Auf der anderen Seite des Areals stehen zwei Bildhauerateliers, die dem Bund gehören – hinter viel Grün versteckt. Sie scheinen mit all dem, was hier passiert, nichts zu tun zu haben.
      Der Teil, der bei der U-Bahn-Station Stadion liegt, wird hingegen stark belebt. Die Zwischennutzungsagentur Nest ist hier mit ihrem Projekt Creau tätig. Studenten basteln an Outdoor-Möbeln aus Holz (einer nennt sie „die neuen Enzis“), auf dem Rondell, auf dem einst Pferde ihre Runden drehten, werden Konzerte oder Lesungen veranstaltet. Und dort, wo noch ein Schild darauf hinweist, dass hier nur der Tierarzt parken darf, stehen Bierbänke, auf denen die Mitglieder des Vereins kurz pausieren, bis sie die nächste Veranstaltung in Angriff nehmen.

      Zwischen all dem liegt die Trabrennbahn. Ein einzelner Fahrer dreht auf der um 100 Meter verkürzten Bahn seine Runden (sie misst nun 1000 Meter). Immerhin ist heute Donnerstag, ein Arbeitstag auf der Trabrennbahn.
      „Das ganze Immobilienprojekt, das hier entsteht, ist eine große Chance für den Wiener Trabrennverein“, sagt Peter Truzla, der Präsident des Vereins. Vor 2008 sei das hier Niemandsland gewesen. „Eine eher weniger feine Gegend, da wollte niemand hin.“ Heute sei er froh über die neuen Nachbarn, auch wenn die Stimmung im Verein zwiegespalten sei.
      Natürlich verliere der Verein Flächen, um mit den Pferden zu trainieren. Truzla weiß aber auch, dass der Wiener Trabrennverein (WTV), der längst schon einmal bessere Zeiten gesehen hat, kaum eine Wahl hat. Er sieht das Projekt deshalb positiv. Rund um die Trabrennbahn baut die IC Development, die das Areal von der Stadt Wien gekauft hat (der WTV ist Pächter), nämlich ein ganzes Stadtviertel, mit Wohnungen, Büros, Gastronomie, aber auch Bildungs- und Kultureinrichtungen. Die sieben denkmalgeschützten Stallungen muss die IC originalgetreu renovieren. Sie werden danach aber nicht mehr dem Trabrennverein zur Verfügung stehen, sondern Teil des Stadtviertels sein. Ein „öffentliches Gebiet mit Handwerkszentrum, Kultur und Gastronomie“ schwebe der IC vor, wie Sprecher Florian Felder erklärt.

      Geruch der Pferde. Die IC baut dafür dem Trabrennverein neue, moderne Stallungen, die sich dann hinter der Tribüne befinden werden. Jener Teil, wo jetzt die Zwischennutzung stattfindet, wird ebenfalls neu gebaut. Die alten, nicht denkmalgeschützten Stallungen (sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut) werden dafür abgerissen. Geplant sind stattdessen auch hier zwei Hochhäuser – wenn man so will das Pendant zum OMV-Turm, den die Immobilienentwickler Hoch Zwei nennen –, die für Wohnungen und Büros genutzt werden sollen. Derzeit läuft dafür der Wettbewerb, im Herbst soll der Sieger feststehen. „Wir gehen davon aus, dass wir ein Jahr später bauen können“, so Felder. Wenn alles klappt, soll auch dieser Teil des neuen Stadtviertels bis 2021 fertig sein. Früher – nämlich 2019 – ist hingegen das Projekt Korso, das sich zwischen den denkmalgeschützten Stallungen und der U-Bahn befindet, fertig.Bis Ende 2018 soll die Creau ihre drei Stallungen – den Stall X, Engelbrecht und Snajder – bespielen dürfen. „Der Space ist sehr groß, wir haben hier einen Hektar Land“, sagt Marlies Stohl von der Creau. Sie haben die schon etwas ramponierten Stallungen gekalkt. „Der Kalk nimmt den Geruch auf“, so Stohl. Ein bisschen riecht man die Pferde hier aber immer noch. Seit Herbst ist das rund zehnköpfige Creau-Team hier. Im Winter gab es einen Weihnachtsmarkt, auch ein Frühlingsmarkt wurde schon abgehalten. Als Nächstes steht die Messe für nachhaltige Produkte, die Biorama Fair Fair, auf dem Programm (19. bis 21. Mai). Am 10. Juni findet die „Sound of Wine“-Messe statt. „Und wir planen eine neue Schiene, den Schmäh-Mittwoch.“ Einmal im Monat sollen hier junge Kabarettisten auftreten. Bei Schönwetter ist das Areal – der Creau-Garten – ohnehin geöffnet. Dabei kann man den vielen Studenten, die hier tätig sind, bei der Arbeit zuschauen. Es gibt Kooperationen mit der TU, die hier fleißig Möbel baut. Studenten der Angewandten drehen in den Stallungen einen Kurzfilm. Auch sonst werken hier einige Start-ups. „Das Ganze etabliert sich gerade als Ort, aber es ist als Zwischennutzung gedacht. Es ist alles nur temporär angelegt“, sagt Stohl. Wobei die IC Development durchaus daran interessiert ist, dass die Creau auch andere Teile des Areals bespielt und mit den Bauabschnitten mitzieht. Dass manche der Kreativen sich in Zukunft in einer revitalisierten Stallung längerfristig niederlassen, ist durchaus erwünscht. „Es gibt die Überlegung, aus den Pionieren die Siedler zu machen. Wir hätten hier gern ein paar Start-ups“, sagt Felder.

      Wie in New York. Zurück zur Trabrennbahn, in eine andere Welt. Peter Truzla kann den bereits fertigen Bauten durchaus etwas abgewinnen. „Mir gefällt das Ensemble. Wir übertragen die Rennen ja auch über einen Wettanbieter nach Frankreich. Wenn es ein Abendrennen ist und die Skyline schön beleuchtet ist, kriegen wir immer Zuschriften, ob das Rennen in New York stattgefunden hat. Das glaub keiner, dass das mitten in Wien ist“, sagt er. Das Einzige, was ihm leid tut, ist, dass die räumliche Situation beengter wird. Der Platz zwischen den alten Stallungen wird ihm offenbar mehr fehlen als die denkmalgeschützten Gebäude. „Es ist schwer, so etwas wirtschaftlich zu erhalten.“ Derzeit haben bis zu 400 Pferde Platz in den Stallungen. „Das wird auch in den neuen Stallungen so sein.“ Wirklich notwendig ist dies zwar meistens nicht, es war aber Bedingung für den Grundstückstausch. Derzeit leben hier 40 Pferde, auch ein paar Fiakerpferde sind hier untergestellt. „An Renntagen kommen noch einmal 100 Pferde dazu.“
      Sorge, dass der Trabrennbetrieb irgendwann ganz verschwindet, hat er nicht. „Es gibt ja einen Dauerpachtvertrag, überhaupt ist die Sportstätte nach dem Wiener Sportstättenschutzgesetz geschützt. Demnach kann sie nur mit Zustimmung des Inhabers aufgelassen werden oder wenn der Bedarf wegfällt. Davon gehen wir nicht aus.“
      Im Gegenteil: Truzla hofft, dass durch die neuen Nachbarn wieder mehr Gäste kommen. Diese wären dringend notwendig. Heute kommen zu einem Rennen am Wochenende 1500 Leute. Mit der Vergangenheit dürfe man das nicht vergleichen. „Ganz früher, in den 1930er-Jahren, waren es 40.000 bis 50.000 Besucher. Das waren die goldenen Zeiten.“ Heute werden Sportveranstaltungen nicht nur seltener besucht. Die Leute wetten auch weniger – und suchen dafür nicht unbedingt eine Trabrennbahn auf. „Früher waren Pferderennen die Wetten für den einfachen Mann.“ In der Zwischenkriegszeit war der vierte Platz – jener Bereich, für den kein Eintritt verlangt wurde – für so manchen die große Hoffnung, um „aus einem Schilling vielleicht zehn zu machen.“ Und selbst als Truzla zum Verein gekommen ist, galt ein Renntag mit unter einer Million Schilling als Katastrophentag. „Heute haben wir im Durchschnitt 45.000 Euro.“
      Aber auch die Aktiven werden weniger. „Im Profibereich schaut es bei Fahrern und Trainern schlecht aus. Aber man kann auch niemandem guten Gewissens raten, Trabrennfahrer zu werden.“ Heute ist Truzla froh, wenn es bei den 25 Renntagen im Jahr bleibt. Ansonsten setzt man auf Veranstaltungen, Hochzeiten und die neuen Nachbarn, die an Renntagen auch mit Pulled Pork aus dem Foodtruck angelockt werden sollen – oder mit Gratiseintritt für Damen am Muttertag.
      ("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2017)


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